Katatonia 1599?

Zusammenfassung Ausgehend von der methodologischen Fragestellung nach Möglichkeiten und Grenzen „retrospektiver Diagnostik“ wird in diesem Beitrag das Fallbeispiel zeitgenössisch als „dämonische Besessenheit“ interpretierten Erkrankung Maria Eichhorn im Jahre 1599 präsentiert. Die einer handschriftlichen Darstellung eines beteiligten Exorzisten geschilderte Symptomatik wäre moderner psychopathologischer Terminologie wohl „katatones Syndrom“ zu fassen: Berichtet werden längere Phasen Stupor, die mit enormer Agitation abwechseln, weiters Gewichtsverlust Echolalie. zeitgenössische Behandlung sozial distinguierten Patientin bestand, neben „geistlichen Arznei“ Exorzismen, auch ärztlicher Medikation über etliche Wochen, bei außerfamiliärer Unterbringung. Nach 3–4 Monaten galt Kranke genesen. dieser Geschichte durch Hofkaplan Knorr Rosenrodt hatte deklariert propagandistische Zwecke, was Deutungsarbeit unbedingt berücksichtigen ist, den Text medizin- kulturhistorische Quelle aber keineswegs unbrauchbar macht.